Mit zwei ohrenbetäubenden Tönen eines einfachen Rinderhorns wurde das Werkkonzert am Abend des „Horntags“ eröffnet.
Wie wir hören und anhand einer Computeranalyse auch sehen konnten, stehen beide Töne nicht in einem einfachen ganzzahligen Frequenz-Verhältnis, sind also nicht harmonisch zueinander.
Als roter Faden zog sich die Entwicklungsgeschichte des Horns durch den Abend. Dabei wurden die wichtigsten Bauformen erläutert und live präsentiert. Es erklangen dazu passende Musikbeispiele, die das Hornensemble im Laufe des ganzen Horntages eingeübt hatte.
Was ist typisch beim Horn?
Streng harmonische Obertöne enthält zwar schon jede Lippenschwingung eines Blechbläsers. Damit ein Blasinstrument eine Folge von harmonischen Eigenresonanzen aufweist, ist aber eine bestimmte Bauform notwendig. Nur wenn sich das Resonanz-Rohr konisch erweitert, kann man auf einem solchen Instrument eine harmonische Naturtonreihe spielen. Insbesondere vom Alphorn kennt man die Naturtonreihe, die auch Töne enthält, die uns unrein erscheinen, weil sie in unserem üblichen diatonischen System fehlen. Außerdem lässt sich vor allem der erste sehr tiefe, aber auch der zweite Naturton des Alphorns erst nach viel Üben sauber treffen.
Ein „Gruß aus Adelboden“, gespielt von zwei Alphörnern und einem Naturhorn, versetzte uns kurzzeitig in die Schweizer Berge.
Über vier Oktaven recht saubere Naturtöne zu blasen ist auf dem ventillosen Naturhorn besser als auf dem Alphorn möglich, da es zunehmend konisch bis hin zum typischen weit ausladenden Schallbecher gebaut ist.
Diese Idealform des Horns findet man bei den Parforcehörner der Jagdmusik und den Waldhörner, die sich daraus bereits zu Ende des 17.Jhs. entwickelt hatten. Als Beispiel für Jagdmusik hörten wir „Le Rendevouz des Chasse“ von Rossini.
In der vierten Oktave – dem Clarin-Register vom achten bis zum sechzehnten Naturton – kann man bereits recht virtuose Melodien mit Halbton-, Ganzton- und Terz-Intervallen spielen, aber immer nur in einer Tonart. Die Bläser der Barock-Zeit beherrschten dieses virtuose Spiel meisterlich. Beispiel: das Thema des „Quoniam“ aus der h-moll-Messe von J.S.Bach.
Wie kam das Horn von den Naturtönen zur Tonleiter?
Mitte des 18.Jhs. wurde die „Stopftechnik“ entwickelt, bei der durch Veränderung der Handstellung im Schallbecher die Tonhöhe stark verändert werden kann. Dadurch sind mehr Töne spielbar, aber die Klangfarbe der Töne ändert sich. Diese Technik ist schwierig. Wolfgang Amadeus Mozart schrieb einige sehr virtuose Hornkonzerte, die damals nur von wenigen Hornisten spielbar waren. Die Hornkonzerte von Mozart klingen für unsere Ohren recht ungewohnt, wenn wir sie historisch gerecht mit Naturhörnern in Stopftechnik aufgeführt hören. Dieser Klangunterschied wurde uns eindrucksvoll demonstriert.
Wozu braucht man die Ventile beim heutigen Horn?
Erst die Erfindung der Ventile in der ersten Hälfte des 19.Jhs. machte es möglich, über mehr als vier Oktaven alle chromatischen Töne zu spielen. Heute sind normalerweise Doppelhörner mit Drehventilen in B/F-Stimmung in den Sinfonieorchestern im Einsatz. Einige Beispiele aus romantischer Musik machten das breite Ausdrucksvermögen der modernen Hörner deutlich.
Schließlich wurde ein Flügelhorn sowie eine Wagner-Tuba in einer dem Tenorhorn nachempfundenen Bauform vorgestellt.
Bei den Wiener Philharmonikern dürfen ausschließlich „Wiener Hörner“ verwendet werden. Sie haben Pumpventile, die weichere Legato-Bindungen erlauben sollen. Wir mussten uns da mit Bildern begnügen.
Das Werkstatt-Konzert klang aus mit „Guter Mond, du gehst so stille durch die Abendwolken hin ...“, gesungen von einem spontan gebildetes Doppelquartett begleitet vom Hornquartett. Nach langem Applaus wurden wir vom Hornquartett verabschiedet mit „Ade zur guten Nacht ...“