„Shalom, Herr Levi - Jüdisches leben heute“ heißt das kleine Buch, das Andreas Martz zusammen mit Uwe Heimowski (beide Gera)geschrieben haben und in dem eindrucksvolle Photos von Roman Mordashev die Vielfalt und Gegensätzlichkeit des heutigen jüdischen Lebens zeigen.
Andreas Martz kam durch einige Erlebnisse in seiner Kindheit und Jugend dazu, sich intensiv mit dieser Thematik zu beschäftigen und hat seither zusammen mit Uwe Heimowski schon ungefähr elfmal Gruppen durch Israel geführt und so dieses faszinierende Land liebgewonnen hat. . Er ist lebt und arbeitet in bzw. bei Gera und ist in der dortigen Gemeinde als Priester ehrenamtlich tätig.
„Shabbat Shalom!“ so wurden wir an diesem Freitagabend begrüßt und anhand einiger Kapitel dieses Buches in die Thematik eingeführt. Der Shabbat beginnt ja schon am Freitagabend, sobald man „einen blauen nicht mehr von einem grauen Wollfaden unterscheiden“ kann. So werden Anfang und Ende eines Tages bewusst erlebt, Nicht wie bei der christlichen Zeitrechnung, wo ein neuer Tag um Mitternacht beginnt, wo die meisten schlafen. Andreas Martz erzählte von einigen Regeln, die bei Beginn des Shabbat eingehalten werden müssen, z.B. von der „Kochkiste“, in der vorbereitete Speisen warmgehalten werden, weil eben kein Feuer entzündet werden darf, vom Shabbat-Lift in Hotels, der dann ständig läuft und in jedem Stockwerk hält, vom abgesperrten Mea Shearim-Viertel, in dem die orthodoxen Juden in Jerusalem leben, in dem dann auch kein Auto fahren darf (Verbrennungsmotor!) Das bedeutet, dass man an diesem Tag wirklich Ruhe und Zeit für Gott, für die Familie, für sich hat.
Jude ist, wer von einer jüdischen Mutter geboren wurde. Damit hat er auch das Recht, nach Israel zu ziehen und einen israelitischen Pass zu erhalten. Das jüdische Leben ist bunt und vielfältig: Die verschiedensten Sprachen und Lebensstile, die die Einwanderer (besser Rückwanderer) mitgebracht haben, ihr Aussehen, ihre Glaubensausübung, ihre Essgewohnheiten und vieles mehr. Andreas Martz zeigte das an einem Gang durch die quirlige Ben-Yehuda-Straße in Jerusalem, der modern-westlichen Einkaufsmeile nur wenige hundert Meter von den Basargassen der historischen Altstadt entfernt. Hier erlebte er, wie spontan einige Passanten einen Kreistanz beginnen: Zwei jugendliche Schläfenlockenträger, ein bärtiger Mittfünfziger mit verwegen schräg sitzender Kippa auf dem ergrauten Lockenkopf und zwei schlanke, leichtfüßige Tänzerinnen mit tiefschwarzem Haar und markant geschnittenem Antlitz“(Zitat S. 51/52). Und dann wird der Kreis immer größer, die Mittänzer immer unterschiedlicher, z.B. der junge Soldat mit irisch-rotem Schopf über sommersprossigem Gesicht, und schließlich wird der ganze Platz zum Tanzen eingenommen und sogar Touristen mit einbezogen.
Jüdisches Leben heute, das ist auch das Nebeneinander von orthodoxen und säkularisierten Juden, vom „babylonischen“ Sprachengemisch und den beiden Amtssprachen, dem Ivrit (Neuhebräisch, das von jedem erwartet wird) und dem Arabischen, das in den hebräischen Schulen nach dem Englischen die zweite Fremdsprache ist. Und das ist auch die Landschaft: hier Wüste, absolut nichts, nur Sand, und dort blühende Obstplantagen. Und das ist auch der McDonald, der koschere Hamburger verkauft.
Nach dem Vortrag hatten wir Zuhörer noch die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Auch hier gab es neue Einblicke in jüdisches Leben, seien es die Eigenheiten des Ehelebens im orthodoxen Judentum oder die Schwierigkeiten, in dem sich vorwiegend junge Männer befinden, die aus der orthodoxen Glaubensrichtung aussteigen wollen und dann alles neu lernen müssen: vom Umgang mit Geld, über Bildung bis hin zu Kleidung.
Es war ein hochinteressanter Abend, der das Interesse verstärkt hat, sich mit Israel und dem Judentum zu beschäftigen, aus dem schließlich das Christentum herausging, denn Jesus Christus hatte eine jüdische Mutter, Maria, und war damit eindeutig ein Jude.
Vielen Dank an Andreas Martz !