
An einem goldenen Herbsttag könnte man wahrlich genussvoll die Natur erleben – und dennoch machten sich wieder ungefähr 20 Orgelfreunde – nicht nur aus Gewohnheit – auf den Weg, den Tag in den verschiedensten Gotteshäusern zu erleben.
Die 9. Orgelfahrt begann in der Evangelischen Stadtkirche Leonberg. Eine hervorragende Akustik und 2 Orgeln zeichnen diese Kirche aus. Die große 3manualige Orgel (45 Register/3748 klingende Pfeifen) auf der Westempore ist 1965 von der Firma Walker aufgestellt worden und ersetzte die alte Schäfer-Orgel/Göppingen aus dem Jahr 1872. Die kleine 2manualige Chororgel wurde anstelle der früher üblichen „Kriegerdenkmale“ zum Gedächtnis aller Opfer des Hitler-Regimes gestiftet. Ein besonderes Kleinod sind die auf den Orgeltüren von Hans Gottfried Stockhausen gemalten Meditationsbilder.
Die nächste Kirche war die Neuapostolische Kirche in Magstadt. Im August 2007 wurde die Einweihung des Kirchenumbaus und die Einweihung der gebrauchten, klanglich umdisponierten, Schmid-Orgel aus Kaufbeuren gefeiert. Die Orgel fügt sich klanglich und optisch hervorragend in den neugestalteten Kirchenraum ein.
Dann ging es weiter nach Bad Liebenzell. Die Evangelische Kirche aus dem Jahr 1746, eigentlich Marienkirche, wurde im Jahre 1955 in Blumhardt-Kirche umbenannt. Pfarrer Johann Christoph Blumhardt wurde 1838 Pfarrer in Möttlingen/Bad Liebenzell. Seine Überzeugung, daß das Kommen des Reiches Gottes nahe bevorstehe, veranlasste ihn zu sozialem Handeln. Später zog er mit seiner Familie nach Bad Boll, wo er bis zu seinem Tod 1880 ein Kurhaus und Seelsorgezentrum leitete. Die Orgel ist eine Stiftung der Familie Blumhardt aus dem Jahr 1883, erbaut von Georg Schäfer aus Göppingen. Später wurde sie von der Firma Weigle erweitert.
Eine der farbenprächtigsten, jedoch durch ihren Aufstellungsort gewöhnungsbedürftigsten Orgeln steht in der Katholischen Kirche Maria Königin in Weil der Stadt/Merklingen. Ursprünglich besaß diese Kirche eine Serienorgel der Firma Gebr. Späth aus Ennertach-Mengen von 1965 mit 2 Manualen und 9 klingenden Registern. Anwachsende Unzufriedenheit führte dazu, dass diese Orgel nur eine Interimslösung sein konnte. Schließlich bestellte man bei der Orgelbaufirma Rensch aus Lauffen ein neues Instrument. Das altbewährte System der mechanischen Schleiflade wurde gewünscht. Durch eine elektronische Registersteuerung können auf Knopfdruck insgesamt 999 vorher gespeicherte Klangkombinationen abgerufen werden.
Die neue Orgel mit ihren 24 Registern ist in zweifacher Hinsicht farbig. 1605 Pfeifen ergeben hörbar eine reiche Palette an Klangfarben. Das durch den Künstler Jacques Gassmann vielfarbig bemalte Gehäuse der Orgel verschafft ein sichtbares Erlebnis.Wer einmal nach Weil der Stadt kommt, sollte die Katholische Kirche Peter und Paul aus dem 16.Jh. besichtigen. Eine majestätisch grandiose Architektur, zahlreiche spätgotische Statuen, gemalte Kreuzwegstationen an den Wänden und der Hochaltar von Tillmann Riemenschneider sind dort zu bewundern. Die Geschichte der Orgel ist umfangreich.
Die erste Orgel wurde beim Stadtbrand 1648 zerstört. Zahlreiche Orgelbaufirmen waren in den folgenden Jahrhunderten bei Neubau – Umbau – Erweiterungen involviert, bis schließlich die Orgelbaufirma Vleugels aus Hardheim 1969 den Schlußpunkt setzte. Heute hat die Orgel 33 Register.
Wer einmal eine Orgel aus Südafrika hören will, muss sich zu einem Gottesdienst oder Konzert in die Neuapostolische Kirche nach Sindelfingen aufmachen. Diese Orgel bildete die letzte Station des langen Tages.
Am Ende des Tages stand fest: Es gibt auch eine andere Seite der Musik außer der flüchtigen, vergänglichen, eine quasi architektonische. Orgeln als sichtbare Schönheit über Jahrhunderte hinweg.
Ein besonderer Dank gilt diesmal wieder Andreas Ostheimer sowie Siegfried Baral für die Vorbereitung dieser Orgelfahrt.
Wir dürfen gespannt sein, welche Orgeln für die 10. Orgelfahrt ausgesucht werden.
Neue Orgelenthusiasten sind dann wieder herzlich willkommen.